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Libellen

Die Insekten-Dinos

Libellen sind sehr urtümliche Tiere. Schon vor Jahrmillionenen bevölkerten die Erde, umschwirrten einst Dinosaurier und erreichten Spannweiten von bis zu 70 cm. Heute sind sie etwas kleiner, wenn auch immer noch sehr stattlich und sind für viele die Attraktion an jedem Gartenteich, in Parks, an Seen und entlang der Flüsse. Natürlich liefern sie auch großartige Fotomotive. In diesem Beitrag möchte ich ein paar Anregungen zur Fotografie dieser großartigen Insekten geben. 

Eine Kleinlibelle hält sich frühmorgens an einem Grasblatt fest. Die Sonne hat sich sobene über den Horizont erhoben und lässst den Tau glitzern der die Vegetation und das Insekt bedeckt. Das Bild entstand mit einem 90 mm-Makroobjektiv bei offener Blende. So wird nur der Kopf des Insektes scharf abgebildet. Der Rest des Tieres verschmilzt mit den Pflanzen und den Lichtreflexen.

90 mm | FourThirds-Sensor |  1/50 sec | f/2,5 | ISO 100 | +0,67 LW

Glücklich, wer einen Gartenteich besitzt. Allen übrigen Naturfotografen bleibt aber immer noch der nächstgelegene Teich im Stadtpark oder der Tümpel auf einer Viehweide oder irgendein anderes Feuchtgebiet. An und auf freien Wasserflächen gibt es eine Menge spannender Makromotive zu entdecken.

Im Frühtau
Wie beim Besuch der Wiese, ist es auch hier ratsam, die frühen Morgenstunden – besonders nach kühlen Nächten – zu nutzen. Hier ist die Vegetation dann – oft noch intensiver als in den Wiesen – von Tau bedeckt. Oft liegen noch Nebelschwaden über dem Wasser und sorgen für eine ganz besondere Atmosphäre.

Geht man aufmerksam an der Ufervegetation aus Schilf oder Binsen entlang, wird man dann schon bald die ersten Libellen entdecken, die dort an Halmen hängend die Nacht verbracht haben. Meist sind auch sie von feinen Wasserperlen überzogen. Wie in der Wiese, setze ich auch hier frühmorgens niemals einen Blitz ein. Mir ist wichtig, die empfindlichen Tiere so wenig zu stören wie irgend möglich. Zudem wird das harte, farblich neutrale Blitzlicht der Situation und Stimmung nicht gerecht. Also benutze ich auch hier ein Stativ und den Einstellschlitten, um mit Letzterem die Feineinstellung des Bildausschnitts ohne allzu häufiges Stativrücken vorzunehmen. Besonders komfortabel geht das im Übrigen, wenn man zwei Einstellschlitten kreuzweise übereinander zu einem sogenannten Kreuzschlitten montiert. Dann kann man die Kamera sowohl vor und zurück als auch in beliebigen Winkeln seitwärts bewegen.

Frisch geschlüpfte Vierflecklibelle an einem Binsenhalm. Diese Libelle schlüpfte am Rand eines Moores und war vom Weg aus zu fotografieren. So blieb das in dieser Phase sehr empfindliche Insekt ungestört. Mit Hilfe eines Einstellschlittens konnte ich den Ausschnitt sehr präzise einstellen, ohne dazu das Stativ verrücken zu müssen.

135 mm + 24-mm-Zwischenring | Kleinbild-Dia | 1/10 sek | f/5,6 | ISO 100-Diafilm | Stativ | Einstellschlitten

Frisch geschlüpft

Im Frühsommer hat man nicht selten die Gelegenheit, Libellen beim Schlupf zuzusehen. Es ist überaus faszinierend, zu beobachten, wie aus der relativ kleinen, uns meist eher hässlich erscheinenden Larvenhülle ein zunächst noch blasses, aber doch erstaunlich großes Insekt herausschlüpft.

In dieser Phase sind die Tiere extrem empfindlich, und sie dürfen keinesfalls so gestört werden, dass sie sich von ihrer Warte herunterfallen lassen. Das wäre ihr sicherer Tod. Aus diesem Grund nähere ich mich ihnen äußerst vorsichtig, vermeide es, die dem Tier nahe Vegetation zu bewegen, und benutze stattdessen dann lieber eine längere Brennweite von 135, 180 oder sogar 300 mm (Kleinbildäquivalent). Die kombiniere ich dann bei Bedarf mit einem Zwischenring, um den gewünschten Abbildungsmaßstab zu erhalten. 

Wichtig ist, dass man sich nach gemachter Aufnahme genauso vorsichtig wieder zurückzieht, wie man sich genähert hat. Denn auch wenn das Bild im „Kasten“ ist, gilt es, Störungen möglichst zu vermeiden. 

Großlibellen wie diese Heidelibelle verharren immer wieder einige Sekunden schwirrend in der Luft. Dann sind auch solche Flugaufnahmen möglich. Ein längeres Teleobjektiv ist dabei allerdings hilfreich. Ich nutze meist nur das mittlere und besonders empfindliche AF-Feld, um die flinken Flugakrobaten einzufangen. Die Bildgestaltung erfolgt dann im Nachinein durch eine Optimierung des Ausschnitts. Die in diesem Fall relativ lange Belichtungszeit, sorgt für ine verwischte Darstellung der Flügel, was die Bewegung betont.

300 mm | APS-C-Sensor | 1/320 sek | f/5,6 | -1 LW | ISO 320 | Bildstabilisator

Flugaufnahmen
Etwas später am Morgen, wenn die Sonne scheint, wird Libellenfotografie zur echten Herausforderung. An warmen Tagen sind die großen Insekten überaus agil. Großlibellen wie Vierfleck, Heidelibellen, Königslibelle oder die Mosaikjungfern kann man dann mit etwas Glück auch mal im Flug fotografieren, denn oft bleiben diese sekundenlang in der Luft schwirrend stehen, ehe sie dann unvermittelt wieder durchstarten, um vielleicht eine erspähte Fliege zu erjagen. Beobachtet man das Treiben an einem Teich eine geraume Zeit, wird man feststellen, dass viele der Großlibellen regelmäßig bestimmte Sitzwarten anfliegen und dort für Sekunden, manchmal auch Minuten Pause machen. Hier kann man sich dann postieren und warten – meist lohnt sich das. Dabei setze ich selbst meist Teleobjektive ein, wie zum Beispiel ein festes 300-mm-Objektiv oder auch ein 70–300-mm-Zoomobjektiv, manchmal kombiniert mit einem Zwischenring. Damit erreicht man aus einem Abstand von 1,5 bis 2 m meist ausreichend große Abbildungsgrößen. Öffnet man die Blende dabei so weit wie möglich, lassen sich die Insekten dann auch schön vor einem gleichmäßig ruhigen Hintergrund freistellen.

Paarungsrad von Kleinlibellen. Flach einfallende Morgensonne lässt die Vegetation aufleuchten. Mit nur leicht geschlossener Blende gelingtes, die Libellen nahezu komplett scharf abzubilden und gleichzeitig den Hintergrund noch relativ ruhig zu belassen. 

90 mm | FourThirds-Sensor | 1/500 sec | f/5,6 | +1 LW | ISO 100

Paarung 
Im Sommer kann man die Libellen auch oft bei der Paarung oder Eiablage beobachten. Einige Arten schwirren dann im Tandem übers Wasser und setzen sich immer wieder in die Vegetation. Bei manchen Arten begeben sich die Weibchen zur Eiablage auf Schwimmpflanzen und legen die Eier dann unter Wasser ab. Andere fliegen über die Wasseroberfläche und tauchen dabei immer wieder kurz den Hinterleib ins Wasser, um so die Eier abzuwerfen.

Vergleichsweise leicht zu fotografieren sind die Paarungsräder vieler Kleinlibellen. Die sind allgemein weniger agil als ihre großen Verwandten und erlauben meist eine Annäherung auf taugliche Fotodistanz. Ein Telemakro oder eben, wie oben schon erwähnt, ein "normales" Teleobjektiv oder ein Telezoom kombiniert mit Zwischenring sind empfehlenswert. Hier habe ich ein 90 mm Makro an einer Kamera mit FourThirds-Sensor benutzt. Dank des beschnittfaktors von 2 entspricht das ungefähr einem 180 mm-leinbildobjektiv. So kann man die Tiere aus etwa 30 bis 40 cm Abstand aufnehmen und unterschreitet nicht ihre Fluchtdistanz. Hektische Bewegungen gilt es dennoch zu vermeiden. 

Frühmorgens, vor Sonnenaufgang sind die Libellen von Tau benetzt und noch träge. Man kann sich dann gut auf solche Details konzentrieren. Die Blende wurde soweit geschlossen, dass nur einer der beiden Flügel scharf abgebildet wird. So vermeide ich, dass der Hintergrund unruhig wird und lenke die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Flügelstruktur.

90 mm + 1,4fach-Konverter | APS-C-Sensor | 1/10 sec | f/5,6 | ISO 100 | Stativ

Filigranes Kunstwerk
Besonders faszinierend finde ich die Flügel der Libellen. Hauchdünn und dennoch enorm leistungsfähig, tragen sie die gewandten Flugkünstler mitunter pfeilschnell durch die Luft und erlauben es ihnen dann wieder schwirrend an einer Stelle zu verharren. Das filigrane Muster von Adern, welches die Flügel durchzieht, ist Ergebnis einer Jahrmillionen währenden Evolution, die maximale Stabilität und Wendigkeit bei minimalem Materialeinsatz zum Ziel hat.  

Besonders grafische Struktur der Adern liefert interessante Motive. Vor Sonnenaufgang nach kühlen Nächten findet man die dann noch trägen Libellen in der Vegetation sitzend.

Immer wieder erstaunlich zu beobachten, wei kleine Spinnen in der Lage sind scheinbar übermächtige Beutetiere zu überwältigen. Diese erfolgreiche Jägerin hielt ihr Opfer, scheinbar der Schwerkraft trotzend sicher fest. Mit einem 90 mm Makroobjektive, kombiniert mit einem 1,4fach-Konverter habe ich versucht das Motiv mit nahezu ganz geöffneter Blende aus dem "Chaos" der Wiese optisch herauszulösen.

90 mm + 1,4fach-Konverter | Kleinbild-Sensor | 1/160 sec | f/4 | ISO 400

Kleine Dramen
Wer oft draußen ist, durch Wiesen und entlang von Flüssen  streift, entdeckt neben all dem Schönen auch immer wieder kleine Dramen. Auch in der Makrowelt dreht sich der Lebenskreis und selbst die unter den Kleinen eigentlich ja sehr großen Libellen haben Feinde. Neben Vögeln sind das in erster Linie Spinnen. Die sind zwar meist viel kleiner als ihre potenziellen Opfer, verfügen aber mit ihrem Gift und oft mit stabilen Netzen über Waffen, denen kaum ein Insekt gewachsen ist. Entdeckt man so eine Szene, möchte man sie in der Regel auch gerne mit der Kamera einfangen. Ich versuche dazu meist, auf "Augenhöhe" zum Motiv zu kommen, begebe mich daher also ganz tief hinunter auf den Boden. Oft ist ein Stativ dabei mehr hinderlich denn nützlich, weshalb ich im Zweifel lieber die ISO-Einstellung hochdrehe, auf ISO 400, 800 oder auch mal 1.600. Die Dramen spielen sich ja in der Regel im relativ "unordentlichen Umfeld der Bodenvegetation ab. Daher öffne ich in den meisten Fällen die Blende so weit wie möglich und verwende zudem ein Telemakro – mindestens 90 mm, oft mit 1,4fach-Konverter. Je länger die Brennweite, um so enger der Bildausschnitt und umso einfacher wird es, "ruhige" Bilder zu erhalten.  Zudem kann man die Bilder aus recht großer Distanz machen, schlägt die Tiere also nicht in die Flucht.