Fotografieren in Zoos und Wildgehegen
Gute Bilder muss man sich auch unter vermeintlich optimalen Bedingungen erarbeiten
Tiere in Zoos und Wildgehegen zu fotografieren gilt nicht wenigen „echten“ Tierfotografen als wenig reizvoll. Etwas verächtlich blickt man in diesen Kreisen auf Zoobilder herab. Aufnahmen, die zunächst Eindruck machen, verlieren scheinbar schlagartig an Wert, wenn sich der Fotograf als “Zootierfotograf” outet. Warum das so ist, kann man nur vermuten. Teilweise aber basiert diese Geringschätzung wohl auf der irrigen Annahme, gute Bilder im Zoo zu machen sei einfach.
Zugegeben, wer Tierfotografie sportlich sieht, wem das nicht selten erfolglose Suchen und das Warten auf wilde Tiere ebenso wichtig oder wichtiger ist, wie das Fotografieren selbst, wer Tierfotografie als unblutige Jagd versteht, für den mag die Fotopirsch im Zoo wie das Angeln in einer Fischzucht erscheinen. Wem es hingegen in erster Linie um gut gestaltete, ausdrucksstarke Bilder von Tieren geht, der wird auch im Zoo seinen Spaß haben – und vor allem vorzeigbare Bilder fotografieren. Kein Wunder, dass auch viele professionelle Fotografen die Möglichkeiten nutzen, die moderne Zoos und Wildgehege bieten. Schnell wird aber auch jeder bemerken, dass wirklich gute Bilder im Zoo von ähnlichen Faktoren wie in freier Wildbahn abhängen, nämlich von der Fähigkeit zur Bildgestaltung, von Geduld, der Kooperation der tierischen Modelle und natürlich dem nötigen Quentchen Glück.
Zwar sind die Tiere in der Regel relativ leicht zu sehen, das bedeutet aber noch lange nicht, dass sie sich auch gut fotografieren lassen. Anders als menschliche Modelle, die man mehr oder minder nach Belieben dirigieren kann, tun Tiere in den Gehegen in der Regel das, was sie für richtig halten und das muss sich nicht immer mit den Vorstellungen des Fotografen decken. Zudem gilt es noch, die Strukturen des jeweiligen Geheges und den über den Tagesverlauf wechselnden Lichteinfall zu beachten. Geht es in erster Linie darum, das Tier in natürlich scheinendem Umfeld abzulichten oder soll das Tier als Bewohner eines Zoos inszeniert werden? Beide Ansätze sind denkbar, erfordern aber eine völlig unterschiedliche Herangehensweise. Bemüht man sich beim erstgenannten Ansatz, Gehegeteile, Gitter oder Barrieren beispielsweise durch die Wahl langer Brennweiten, möglichst weit geöffneter Blende oder knapper Belichtung unsichtbar werden zu lassen, so kann man beim zweiten Ansatz durchaus auch mal besondere architektonische Details bestimmter Gehege hervorheben oder die Tiere – positiv oder kritisch – wahlweise neutral als Zoobewohner oder „Gefangene” zeigen.
Nah dran
Für viele ist es allerdings in erster Linie besonders reizvoll die Gegebenheiten der Zoos zu nutzen, um möglichst nah an Tiere heranzukommen und so beispielsweise auch Porträts oder Verhaltensstudien zu fotografieren, die in freier Natur – wenn überhaupt – allenfalls mit erheblichem Zeitaufwand zu realisieren wären.
Zudem sollte man auch bedenken, dass jeder der heimisches „Großwild“ wie Hirsche, Wildschweine oder Wildkatzen im Gehege fotografiert, nicht „draußen im Walde“ zum Störfaktor wird. Angesichts des großen Aufwandes den man betreiben muss und der vielen Zeit, die man auf Motivsuche im Wald verbringt, lassen sich erhebliche Störungen der zu fotografierenden und anderer Tierarten kaum wirklich vermeiden.
Besonders reizvoll finde ich die Möglichkeit eng angeschnittener Porträts. Dazu ist allerdings auch in den meisten Zoos eine recht lange Brennweite erforderlich. Mein "Standardobjektiv" im Zoo ist daher ein Superzoom das einen Bereich von 5-6,3/150 bis 600 mm bietet. Wenn's noch mehr sein soll, kann man solch ein Objektiv auch noch gut mit einem 1,4fach-Konverter kombinieren. Der reduziert die Lichtstärke zwar um eine Blendenstufe auf etwa f/8 bei der maximalen Brennweite. Bei den meisten aktuellen Kameras funktioniert aber selbst dann der Autofokus noch zufriedenstellend – zumal bei Motiven, die sich nicht allzu schnell bewegen, wie der Orang Utan im nebenstehenden Bild.
Weniger ist mehr…
Wer mit der Absicht den Zoo betritt, möglichst das ganze Artenspektrum der Einrichtung an einem Nachmittag auf den Chip bannen zu wollen, wird nur mit viel Glück einige sehenswerte Bilder mit nach Hause nehmen. Erfolg versprechender ist die Strategie, sich pro Besuch auf wenige Tierarten – vielleicht sogar nur auf eine einzige – zu beschränken und an deren Gehege längere Zeit zu verweilen. Abgesehen davon, dass man dabei einiges über das Verhalten und die Gewohnheiten der jeweiligen Art lernen kann – was wiederum die Chance auf gute Bilder erhöht – steigert man so die Wahrscheinlichkeit, Zeuge besonders fotogener Aktionen zu werden beträchtlich. Im Idealfall liegt der Zoo oder der Wildpark in der Nähe, so dass man ihn immer wieder besuchen kann.
Ich selbst habe das Glück nur ungefähr 500 Meter Luftline vom Tierpark meiner Heimatstadt Hamm entfernt zu wohnen. Diesen glücklichen Umstand nutze ich immer wieder. Zwar sind nicht alle Gehege dort optimal fürs Fotografieren, bei vielen Tieren aber ist es möglich, sie aus sehr geringer Distanz zu fotografieren und auf solche Aspekte konzentriere ich mich dann meistens.
Heimvorteil nutzen
Es muss also nicht immer der große Zoo mit spektakulären Arten sein. Oft bieten eben auch kleinere Einrichtungen zumindest für einige Tierarten gute Fotogelegenheiten. Mit der Zeit wird man herausfinden, wann in welchem Gehege das Licht besonders günstig steht, ob die Tiere eher morgens oder abends aktiv sind oder welche Brennweite sich besonders eignet.
Schon vor dem Besuch kann man sich auf den Webseiten der jeweiligen Zoos und Wildparks über aktuelle Besonderheiten, wie etwa Geburt und Neuzugänge. So lässt sich ein Besuch gut vorbereiten und man weiß dann schon vorab, an welchen Gehegen es sich besonders lohnt, längere Zeit zu verweilen.
Für mich ist – neben dem schon erwähnten Tierpark in Hamm, den ich bequem in wenigen Minuten zu Fuß erreichen kann – der Allwetterzoo im westfälischen Münster diese ideale Einrichtung. Nur eine gute halbe Stunde Autofahrt bringt mich zu diesem Ziel. Nach vielen Besuchen kenne ich die Gehege in beiden Einrichtungen, weiß wann wo das Licht gut steht und welche Tiere man zu welcher Tageszeit aufsuchen sollte. Dennoch vergeht kein Zoobesuch ohne Überraschungen und andererseits trägt man permanent im Kopf Bilder mit sich herum, die man gerne machen möchte, aber bislang mangels Kooperationsbereitschaft der haarigen, gefiederten oder geschuppten Modelle nicht realisieren konnte.
Zeit nehmen…
Zeit ist auch bei der Tierfotografie im Zoo ein nicht zu unterschätzender Faktor. Daher empfiehlt es sich, wenn es ums Fotografieren geht, allein, ohne Familie, Freund oder Freundin loszuziehen, es sein denn, die begleitenden Personen möchten ebenfalls „ernsthaft” fotografieren. Ungeduldige Anfragen, wie lange man noch an diesem oder jenem Gehege auszuharren gedenke, wann es endlich ein Eis gibt oder ob man nun doch bitte in den Streichelzoo gehen dürfe, tragen nicht zur Entspannung des Fotografen bei und dämpfen kreative Überlegungen erheblich. Besser ist es daher strikt zu trennen: Zoobesuch mit Familie ohne ernsthafte Fotoambitionen und viel Zeit für die Lieben, Zoobesuch mit Kamera allein oder mit gleich Gesinnten.
Die Wahrscheinlichkeit für ungewöhnliche Bilder, für das Beobachten unerwarteter oder erwünschter Verhaltensweisen steigt mit der Zeit, die man vor einem Gehege verbringt. Dieses lange, intensive Beobachten der Tiere ermöglicht es nach einer gewissen Zeit auch immer wieder, Verhaltensweisen vorherzusehen und das wiederum ist natürlich optimal, um Bilder auch zu planen. So kann es mir durchaus passieren, dass ich bei einem Zoobesuch vielleicht nur drei oder vier verschiedene Tierarten fotografiert habe, bei diesen aber viel Zeit verbrachte und so mehr Spannendes erlebte, als wenn ich im Sauseschritt durch den Zoo gerast wäre, um jedes Tier wenigstens einmal kurz zu erspähen.